Michael Schmidt und die Kompensierung der Minderwertigkeit

Von Johannes Klein

Spätestens seit den Werken von Otto F. Kernberg, Heinz Kohut und Bela Grunberger gehört es zu den Binsenweisheiten der Psychoanalyse, dass die narzisstische Persönlichkeit, die außer im Knast und vielleicht noch im Kloster wohl nirgends häufiger anzutreffen ist als in der Politik (vgl. dazu die Werke von Hans-Jürgen Wirth oder Janine Chasseguet Smirgel) an starken Minderwertigkeitsgefühlen leidet. Je größer und bedrängender diese sind, desto mehr benötigen sie Kompensationen.

Am 24.02.2014 wurde der neue Stiftungsbeirat der Michael Schmidt Stiftung vorgestellt bestehend aus dem Bischof i.R. Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Klein, dem Bundestagsabgeordneten und Bundesvorsitzenden des Verbands der Siebenbürger Sachsen, Dr. Bernd Fabritius, und dem damaligen Kulturreferenten der Deutschen Botschaft in Rumänien, Dr. Josef Karl. Ist es Zufall, dass die Bekanntgabe dieses neuen Gremiums ausgerechnet wenige Tage vor dem letzten Gerichtstermin um den Strafprozess des Abrisses des Pfarrhauses in Deutsch-Kreuz erfolgte? Ein Image-Gewinn war sie sicherlich. Und Tatsache ist, dass Anfang März 2014 das Gericht in Reps endgültig und unwiderruflich festgelegt hat, dass keine Strafverfolgung eingeleitet wird.

Konnten durch die Gründung des hochkarätigen Stiftungsbeirats und durch den Gerichtsbeschluss Minderwertigkeiten kompensiert werden? Keineswegs, und das nicht nur aus innerpsychischen, sondern auch aus objektiven Gründen: Die Staatsanwaltschaft hatte nämlich sehr gut gearbeitet, so dass auch das Gericht anerkennen musste, dass das Pfarrhaus abgerissen wurde. Wer die über 500seitige Mappe studiert, für den geht eindeutig hervor, wie der Abriss erfolgte: durch eine geplante Intervention im Inneren des Pfarrhauses. Die Gerichtsmappe enthält Fotos von Untergrabungen der Fundamente auf ihrer gesamten Länge im Keller. Wozu macht man so etwas? Im besten Fall aus Dummheit – ein Grund für Minderwertigkeit; eher aber noch aus Mutwillen, weil man das Pfarrhaus einstürzen lassen will.

Seitdem dies bekannt geworden ist, lässt Michael Schmidt sich ehren: Er organisiert jährlich die Haferlandwoche, wo es ihm wichtig ist, unter hochrangigen Politikern zu verkehren, unter Narzissten seinesgleichen. Er finanziert die Ausbildung von Studierenden der Pädagogik und erntet dafür natürlich wo er kann Dankesreden. Beim Sachsentreffen in Mühlbach war sein Name unter den meistgenannten: wie er setze sich keiner hierzulande für die Schulen und die Bildung ein. Jetzt erhält er das „Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“, verliehen vom wohl ahnungslosen Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Joachim Gauck (vgl. ADZ vom 20.02.2015, S. 6). Anwesend bei der Verleihung waren ganz viele narzisstisch Begabte neben anderen Gutgläubigen.

Wie viele Ehrungen werden noch folgen? Wie viele es auch sein werden, Minderwertigkeiten werden dadurch nicht kompensiert, weder seine noch die der anderen Weggefährten. Es wird nur auf diese hingewiesen. Ein Armutszeugnis.

mscat

Michael Schmidt in einer rumänischen Satirezeitschrift, die die dubiosen Praktiken der Schmidtschen BMW-Vertragswerkstätten in Bukarest auf die Schippe nahm…

Posted by at 20/02/2015
Filed in category: Kultur & Gut, Politik & Wirtschaft,

7 Responses to Michael Schmidt und die Kompensierung der Minderwertigkeit

  1. Ich bin kein großer Schreiber, aber das muss ich los werden….die Auszeichnung würde eher anderen Gebühren. Den unser Kulturerbe erhalten, sieht echt anders aus!
    Es gibt viele in Siebenbürgen die sich nicht in den Fokus stellen, aber unser KULTURERBE erhalten. Alle diese Menschen würden es mehr verdienen. Allein die Burghüter die bereits betagt sind, und um Himmels Willen alles tun um unsere Kultur spürbar am Leben zu erhalten, hätten es mehr verdient …Aber ist so…und mit einem Verdienstkreuz, kann ich kein Dach eindecken. 🙂 LG. JIrku

  2. Anonymous says:

    Immerhin sollte man anerkennen, wenn sich jemand wie Michael Schmidt mit seinem Geld kulturell und gesellschaftlich engagiert, aus welchen Motiven auch immer. Er will sei Image polieren, die Förderprojekte dienen diesem Zweck. Er könnte sich sein Geld auch sparen. Dann würden keine Mittel fließen für Stipendiaten, Kirchenorgeln, Kulturevents etc. Was immer der Mann kompensieren möchte, lasst ihn mal weiter so großzügig sponsern.
    Wer sich den weiten Kreis der Schmidtianer anguckt, sieht, wie Geld, Beziehungen und Einfluss attraktiv auf Mitmenschen wirken. Vielleicht kommt eines Tages auch noch der Moment für “Des Kaisers neue Kleider”. Es ist normal, dass sich viele vom Reichtum und Erfolg beeindrucken lassen, manche kriechen ihm noch sonst wo hin. Geld regiert die Welt, der schöne Schein. Wenn aber Sinnvolles gefördert wird, warum soll man darüber lästern.

  3. Ortwin says:

    Hey Joe!
    2013 hatte ich nach sehr langer Pause die Möglichkeit Siebenbürgen intensiv zu bereisen. Dazu gehörte auch die Besichtigung der Baustelle des ehem. Pfarrhauses in Deutschkreuz, des baufälligen ehem. Pfarrhauses in Werd neben Agnetheln und des sanierten und umgenutzten ehem. Pfarrhauses in Seligstadt (Respekt!) – drei Möglichkeiten, wie mit leerstehenden Pfarrhäusern der EKR umgegangen werden kann.
    Tatsache ist, dass während in zahlreichen ev. Kirchengemeinden die Bausubstanz leidet, es unterschiedliche Möglichkeiten der Umnutzung gibt. Die eine unter Erhaltung der Substanz, die andere per Neubau. Das Ergebnis zählt. Und da muss ich anerkennen, dass sowohl in Seligstadt, als auch in Deutschkreuz ein Begegnungszentrum entstanden ist, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung.

    Man kann nun Feindbilder des Establishments pflegen, dem man trotz traditionsbewußter Familie nicht angehört, oder sich wesentlichen Dingen widmen. Dazu zählt die Kathedrale vor der Haustüre des NeuerWeg in Fogarasch, die wohl ohne Baugenehmigung im Umfeld des prägenden historischen Baudenkmals errichtet worden ist…

    @Jirku, Du hast Recht: Es gibt auch andere Landsleute, die für Kultur und Deutschunterricht in Siebenbürgen Tag täglich im Einsatz sind und Lob verdienen. Aber MS zählt auch dazu, wenn ich auch seine Unternehmenspraktiken aus eigener Erfahrung nicht durchgehend gut halte (worum es hier aber nicht geht).

    • Johannes says:

      Lieber Ortwin, ich kann mir nicht vorstellen, was für Vorstellungen du von einer traditionsbewussten Familie hast. Sind das Vorstellungen, die Menschen zu Trachtenträgern oder Kleiderständern degradieren? So etwas gibt es bei uns in der Familie nicht. Wenn etwas hier Tradition hat, dann ist es das freie Denken und die freie Meinungsäußerung, die immer wieder Kartenhäuser einfallen lassen. Mit so einer Einstellung einem von dir gewähnten Establishment angehören zu wollen, ist ein Widerspruch in sich. Ich wundere mich daher nicht, dass du keinerlei Verständnis für meine Aktionen hast. Wir leben in völlig verschiedenen Welten.

      • Ortwin says:

        In meiner Meinungsäußerung steht nichts von Trachten und Kleiderständern. Den Maßnahmen/Aktionen in Seligenstadt habe ich nicht nur Verständnis entgegengebracht, sondern Respekt gezollt. Persönlich bin ich nicht geworden.

  4. hans says:

    michael schmidt koennte uns ja den raupenbagger leihen, mit dem er das pfarrhaus in DK so platt gemacht hat, wie der orden, den er sich neulichst an die patriotische brust heften liess – dann macht sich NW umgehend an den abriss des goldglänzendenn schandmals in der ortsmitte von fogarasch! 😉

    • Johannes says:

      Wer kann in diesem Sinn vorsichtig anfragen bei MS? Es ist wohl diplomatisch klüger, wenn das nicht ein Mitglied des NW macht. Nicht, weil wir die Aktion nicht unterstützen würden, aber ich fürchte, wir haben es uns ein wenig verbockt bei MS.

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