Im Bann der Biene – Eindruecke von der Filmvorfuehrung “More Than Honey”
RO: “Mai mult decat miere” – Impresii de la proiectia filmului documentar multipremiat More Than Honey, despre importanta cruciala a albinelor, nu doar pentru agricultura ci insasi pentru supravietuirea speciei om…
EN: Some thoughts about the award winning documentary film More Than Honey, about the importance of the (slowly dying) bees for the survival of the human race, shown in Sibiu on Saturday, April 12, 2014.
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Albert Einstein wird der Spruch zugeschrieben, dass, sobald einmal die Bienen (aus)sterben wuerden, wenige Jahre spaeter auch der Mensch dran sei… Nun: Die Bienen sterben seit einigen Jahren. Sie sterben nur (noch) nicht aus. Zum Glueck, denn sonst wuerden wir moeglicherweise nicht mehr allzu lange leben – oder wir wuerden uns selbst dranmachen, diverse Nutzpflanzenarten muehselig zu bestaeuben, damit sie uns nach wie vor nuetzlich sein und Fruechte tragen moegen. Genauso, wie es die Chinesen in einer der denkwuerdigen Szenen im Film “More Than Honey” tun: Bluete fuer Bluete, Baum fuer Baum, Obstplantage fuer Obstplantage.
Die gestrige Vorfuehrung des preisgekroenten 90-minuetigen Dokumentarfilms des Schweizer Regisseurs Markus Imhoof im Spiegelsaal des Deutschen Forums in Hermannstadt, gefolgt von einer fast genauso langen Diskussion mit der Filmcutterin Anne Fabini war ein Filmerlebnis der ganz besonderen Art: Einen Weltklassefilm in einem barocken Festsaal mit kleinem aber feinem Publikum sieht man in Rumaenien oder auch Siebenbuergen hoechstens alle paar Jahre. Einen existentiell tiefgruendigen, im wahrsten Sinne fabel-haften Film ueber ein paar scheinbar unscheinbare Arbeitstierchen, die uns mit der groessten Selbstverstaendlichkeit das Leben versuessen ermoeglichen, sieht man vielleicht einmal im Leben. Und das geschah in meinem/unserem Falle gestern.
Warum ich den Film fabel-haft finde? Weil er ausser der Geschichte ueber die Gruende und Hintergruende des Bienensterbens indirekt auch die Geschichte des modernen Menschen und der von ihm erfundenen Industriegesellschaft erzaehlt. Und die ist alles andere als ein heroischer Siegeszug gegen die Unbillen der Natur, sondern eine blind-naive Zerstoerungsorgie gegen selbige – wobei das Schicksal der Bienen jenem der Menschen zu gleichen scheint: Angetrieben vom Profithunger des Kapital(ismu)s sieht sich der moderne Massenmensch gezwungen, die natuerlichen Ressourcen noch mehr und noch effizienter und in noch groesserem Massstab auszubeuten – wobei das in der industrialisierten, grossflaechigen Landwirtschaft den Einsatz bzw. Verschleiss von unzaehligen Bienen- (und Menschen-)batallionen bedeutet, die schliesslich an den kumullierten Effekten der Stressfaktoren (Chemikalien, Ferntransporte, planlose Aufteilung und Vermischung der Bienenvoelker, Bienenpandemien, Maschineneinsatz usw.) beginnen zugrunde zu gehen. Oder beginnen sich in Form von mutanten Killerbienen am dekadenten Menschgeschlecht zu raechen.
Dieser thematisch, technisch und kuenstlerisch herausragende, geradezu monumentale Film – der nicht zufaellig fuer den Oskar nominiert worden war – ist eine Abfolge von wohldurchdachten, allesamt bedeutungsgeladenen Episoden, die auf vier Kontinenten und in den verschiedensten geographischen und Klimazonen spielen. Die Kamera entfuehrt uns mit Leichtigkeit – buchstaeblich wie auf Fluegeln – abwechselnd in den faszinierenden Mikrokosmos der Bienen und Bienenvoelker, dann in den vergleichsweise schnoeden Geschaeftsalltag eines Grossimkers in Kalifornien, zur Erholung immer wieder mal in die Heimatfilm- und Heidi-aehnliche Kulisse der Schweizer Bergwelt, dann weiter ins triste Absurdisten Chinas, wo Mao sei ‘Dank’ die Bienen fast ausgestorben sind, dann weiter auf eine moeglicherweise rettende Insel in Australien und in der Schlussszene in die Weiten des intergallaktischen Raums, in welchen Markus Imhoof einen Schwarm halbwilder Bienen vor dem Daemon Mensch entfliehen und so ihre urspruengliche Freiheit wiederfinden laesst.
Weiter unten ein paar Standbilder der wichtigsten Filmszenen…
Von oben links nach unten rechts: Eine Bienenkoenigen schluepft (Eroeffnungssequenz). Der Opa des Regisseurs beim routinierten Einfangen eines Schwarms. Mr. Miller, der Honigfabrikant, schwaermt vom Geld, das ihm die Bienen bringen (Spaeter wird er ueber die 20%-ige Verlustquote bei den Bienenvoelkern nach dem Ueberlandtransport jammern…). Opa Imhoof in den Alpen hat solche Sorgen nicht – doch auch er wird von (importierten) Schwierigkeiten nicht verschont. Entscheidende Lebensphase im Leben eines Bienenvolkes und Schluesselszene im Film: Die Koenigin wird waehrend ihres Jungfernfluges in der Luft von (bevorzugt fremden, aber doch gleichrassigen Drohnen) begattet. (Szene in einem eigens dafuer entwickelten Bienenstudio in Wien gedreht). Sobald die Bienen endgueltig weg sind, weil Genosse Mao (auch) die Chemiekeule gnadenlos zu schwingen wusste, darf die Spezies Mensch Biene Maya spielen. Krimineller, absurder und duemmer (als im Kommunismus), geht’s nimmer… (Wir im Osten wissen das.) Die Freiheit, die die Bienen verdienen: Moeglichst weit weg zu fliegen – idealerweise ans bis andere Ende des Universums – von ihrem groessten Peiniger, Versklaver, Nutzniesser: Homo “sapiens” . Womit sie uns dann hoffentlich an Albert Einstein und seinen Ausspruch erinnern werden…
Waehrend der Diskussion nach der Vorfuehrung. Anne Fabini (links), Dolmetscher Vlad Rotariu (mitte), Anja Schneider (Organisatorin, Mitglied des Bienenzuchtvereins Melikoleg), rechts.
Am spaeten Abend ging es dann nach Hahnbach bei Grosscheuern zu Willy Tartler und Anja Schneider, dem Imkerehepaar, dem wir den Filmabend zu verdanken hatten. Heute frueh machte mir Willy eine kleine Fuehrung ueber den urigen Pfarr-und-Imkerhof, den er mit Familie (und Praktikanten) seit etwa 10 Jahren bewohnt (s. Fotos). Vor kurzem wurde der Mietvertrag mit dem Evangelischen Bezirkskonsistorium Hermannstadt (gluecklicherweise) fuer einen laengeren Zeitraum verlaengert, was Willy und Anja schon veranlasst hat, neue Plaene in Angriff zu nehmen: In einem Teil des angrenzenden Schulgebaeudes soll eine Imkereischule entstehen. Der Verein Melikoleg duerfte den passenden organisatorischen Rahmen dafuer bieten…
Wie hochkomplex die “Welt der Bienen” ist, konnte ich in Wirklichkeit erst heute, Sonntag, erfahren, als ich bei einer Ausfahrt mit Willy Tartler einige Berufs- und Hobbyimker im Raum Schaessburg – Dunnesdorf und Reussdorf – Gogan – Bahnea kennengelernt habe und ihren intensiven Fachgespraechen zuhoeren durfte. Da war viel die Rede von Bienenrassen (Carpatica) und ihren Eigenschaften, von Bauweisen von Bienenkaesten, Herstellern von Imkereibedarf, den Vorzuegen und Nachteilen ihrer Erzeugnisse, von Koeniginnenzucht, Ausschwaermen, Krankheiten, Behandlungsmethoden, Erfahrungen waehrend der Wanderschaft, von guter und schlechter Imkerpraxis, von Maerkten, Messen und den korrupten Machenschaften in der rumaenischen Imkerszene (z.B. beim staatsnahen, scheinbar debil-altkommunistischen Imkerverein “ACA”, der den Bienenzuechtern mehr im Wege steht und sie auspresst, als ihnen zu nuetzen).
Als langjaehriger, intensiver Honigkonsument war mir immer klar, dass Honig nicht gleich Honig ist – allein schon vom Geschmack und von der Konsistenz her. Nach den letzten 24 Stunden, die mir einen ersten Einblick ins “Reich der Bienen” (und Bienenzuechter) erlaubt haben, kenne ich auch den Grund, warum Honig nicht gleich Honig und Biene nicht gleich Biene ist. Und der Grund ist: der Imker. Sprich: Nicht jeder Imker liebt und achtet die Bienen, den Honig und die Natur. Diejenigen Imker hingegen, die den Namen Imker verdienen, weil sie MIT den Bienen und der Natur leben und arbeiten, denen verdanken wir eigentlich enorm viel: moeglicherweise dereinst das Ueberleben der Bienen. Und das Ueberleben und Wohlergehen des Menschen.
Weiter unten eine groessere Bildergalerie mit Fotos der letzten zwei Tage. Das erste Album aus Hahnbach, das zweite aus Bahnea…
(Unten: Fotos aus Bahnea/Bonyha, Tal der Kleinen Kokel, Kreis Mieresch)
Danke Hans, für den ausführlichen und anschaulichen Bericht über den Filmnachmittag in hermannstadt, und die schönen Bilder aus Hambach 🙂