“Ihr habt billige Waelder und eine billige Regierung!” (oesterreichischer Gruenen-Politiker ueber Rumaenien)
RO: “Aveti paduri ieftine – si un guvern ieftin!” Cateva ganduri dupa vizionarea emisiunii “Romania sub asediu” de la Antena3, pe tema cumpararii/acapararii de terenrui si paduri de catre cetateni straini / firme straine.
EN: “You’ve got cheep forests and a cheep Government!” Some thoughts after watching a TV program on Antena3 about landgrabbing/-aquisition and the buy-up of huge forest surfaces in Romania by foreign investors.
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Habe auf Antena3 zufaellig einen Teil der investigativen TV-Sendung ueber Land- und Waldkauf in Rumaenien seitens grosser Firmen gesehen. Abgesehen von ein paar hohlen nationalistischen Phrasen war sie recht gut gemacht. Die Grossreportage war gespickt mit verwunderten, pointierten Spruechen v.a. seitens westlicher Beobachter des Ausverkaufs Rumaeniens…
Hier einige davon:
– “Ihr habt billige Waelder und eine billige Regierung!”; “Wieso muessen erst ein paar Reporter aus Rumaenein herkommen, damit ich nach 27 Jahren im Parlament ueber die dramatische Lage in Ihrem Land erfahre. Was machen eure NGOs?” (beide Zitate von einem oesterreichischen Gruenenpolitiker)
– “Niemand in Oesterreich wuerde das Desaster akzeptieren, das in euren Waeldern passiert!” (oesterreichischer Waldbesitzer)
– “Wir im Westen wollen Land bearbeiten und behalten – die Rumaenen haben aber eine andere Auffassung.” “Wenn die Rumaenen das Land nicht bearbeiten wollen, muss es jemand anderes an ihrer Stelle tun!” (franzoesisch/elsaessischer(?) Bauer in Buzias, Kreis Timis ueber die Tatsache, dass viele Bewohner Rumaeniens ihren Boden bereitwillig und zu geringen Preisen verkaufen)
Um die komplizierte Gemengelage in dieser Sache zu kommentieren, braeuchte ich moeglicherweise mehrere Stunden, Zeit die ich mir aber nicht nehmen kann oder will – denn es ist frustrierend zu sehen, wie die Dinge in RO ihren natuerlichen Gang gehen, waehrenddessen sich die Oeffentlichkeit naiv wundert, dass das eintritt, was eintreten musste.
Eines vorweg: Mich persoenlich stoert es nicht so sehr, dass Investoren von wo auch immer – z.B. aus der EU – Land oder Waelder (v.a. in Siebenbuergen) kaufen – wenn ihnen das die laxe Gesetzgebung “unserer” Klepto-Politiker erlaubt! Ist das Volk nicht imstande sich andere Vertreter zu waehlen als die bisherigen und ist es intellektuell/kulturell nicht faehig zu begreifen, was fuer einen Rattenschwanz an negativen Folgewirkungen die Verfestigung dieser Kleptokaste in der Gesellschaft hat, so braucht es sich anschliessend nicht zu wundern, dass ihm das Land unterm Hintern wegverkauft/-geklaut wird!
Die oekonomische Kosmopolitisierung Rumaeniens ist vielleicht der Preis fuer den National-Sozialismus Marke Ceausescu-Iliescu-Vadim waehrend der letzten Jahrzehnte! Vergessen wir nicht die Zwangsenteignungen der Deutschen nach 1918 und 1945 sowie deren Verkauf auf dem Menschenhandelsmarkt ab den 1970er Jahren – denn deren/unser Niedergang erklaert teilweise den Niedergang der Landwirtschaft (und Bauerschaft) im Banat und in Siebenbuergen. Die postkollektivistische Subsistenzwirtschaft v.a. aelterer Dorfbewohner ist auf einer hoeheren Meta-Ebene ein zu erhaltender Wert fuer die Zukunft – die fehlenden, Ueberschuss produzierenden (mittelgrossen) Farmen zur Ernaehrung der Stadtbevoelkerung koennen sie aber nicht ersetzen. Diese Farmen waeren heute zu einem guten Teil jene banater-schwaebischer und siebenbuergisch-saechsischer Landwirte gewesen. Waeren. Sind sie aber nicht nicht. Dank 100-150 Jahren Nationalitaetenkampf in traditionell multiethnischen Regionen.
Es stoert mich jedoch, was mit den Laendereien und v.a. den Waeldern geschieht – wenn erstere nun der agroindustriellen Ausbeute zugefuehrt werden und letztere den Kettensaegen von Stihl und Husqarna, danach das Holz nach China und Japan oder Arabien geht, der Profit wiederum groesstenteils nach Oesterreich und auf die Bankkonten eines Mircea Dusa oder Olosz Gergely bzw. auf jene ihrer politischen Parteien (PSD, UDMR) – und die Misere uns allen ueberlassen bleibt.
Rumaenien ist politisch-administrativ-oekonomisch-ideell dermassen am Ende – dank seiner selbstinduzierten Probleme, Idiosynkrasien, Phobien und ethnozentrischen Eskapaden, wie man es beim nationalistischen Getoese der vergangenen Jahrzehnte kaum jemals haette ahnen koennen. Das eroeffnet zwar hie und da Chancen fuer Profitjaeger – fuer die breite Masse aber ist es schlichtweg eine existenzielle Plage.
Wenn das so weitergeht, werden wir zu einer der ersten real existierenden globalistischen Distopien – wie ein Artikel in der Huffington Post treffend titelte. Alternativ dazu koennte eine Herausloesung des groesseren Siebenbuergen aus Rumaenien versucht werden um an kakanische Hoffnungen (und Nostalgien) des nicht mehr existierenden alten Europa anzuknuepfen. Die neue politische Schlappschwanzigkeit der hedonisierten Bukarester Kleptokaste laesst dieses juengst noch undenkbare Szenario mMn. immer realistischer erscheinen. Das waere aber alles andere als rosig fuer uns alle, weil es uns ins Jahr 1690 zurueckversetzen wuerde, als Oesterreich uns von den Osmanen uebernahm – wir einen Sultan fuer einen Kaiser eintauschten, jedoch zweit- bis drittklassige Provinzler und Kiebitze des Weltgeschehens blieben.
Worin ich hingegen einen gangbaren Weg heraus aus dem Schlamassel und vorbei an den Fussangeln nationalistischer Phobien und Fantasien sehe, ist eine Verlagerung der Hauptstadt Rumaeniens nach Kronstadt samt Foederalisierung – also die Entscheidungen weg von Bukarest verlagern und diese dezentral organisieren. So ein Grossprojekt koennte einen selbstbestimmten, kreativen und doch pragmatischen Neustart samt grundlegendem Paradigmenwechsel bringen – zum Vorteil der Bewohner des Landes, egal welcher Provenienz. Zu verlieren haetten v.a. die Gewinner der jetzigen Missstaende: die polit-administrative Kleptokaste und die Raubinvestoren jedweder Herkunft. Diese aus den Schluesselpositionen der Gesellschaft heraus- und in die Knastzellen hineinzupeitschen, waere wiederum eine ehrenvolle Aufgabe und gleichzeitig ein ergoetzliches Spektakel.
Gut geschrieben!
ich habe als deutscher ExPat in Rumänien gearbeitet und bin dem Land noch immer von Herzen verbunden. Was mir auffällt ist zunächst eine unglaubliche Unterwürfigkeit und Obrigkeitshörigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung. Das macht es korrupten Eliten so einfach, egal von welcher Partei. Wobei diese eh nicht für politische Lager stehen, sondern nur für Bereicherung. Was mir weiter auffällt, ist in der Bevölkerung ein sehr unausgepraegter Wille zur Veränderung, zum Aufbegehren. Man macht Witze über Politiker und merkt nicht, dass das denen egal sein kann, solange sie nur reicher werden. Da die politische Elite nichts hervorbringt, als den Willen das Land zu plündern, keine Werte schaffen kann, wird Rumänien eben an das Ausland verhökert. Ein Beispiel: als Renault Skoda kaufen und zur Billigmarke machen wollte, wurde dort gestreikt bis VW zum Zuge kam. Dacias sind Billigautos an denen nicht verdient wird und bald wandert man weiter. Einen tumben und kaum gerechtfertigten Nationalismus (der ist nie gerechtfertigt) sehe ich auch. Das Hauptproblem ist, dass er die Wahrnehmung und Selbstkritik eintrübt, das verhindert Fortschritt. Und noch ein Verhaltensmuster hilft Kleptokraten und ausländischen Investoren: das tiefe Misstrauen der Rumänen untereinander, der Mangel an gegenseitigem Vertrauen, immer wird überall ein Schmeker vermutet und damit glaubt man selbst so handeln zu dürfen.
Euer Blatt ist gut!
stimme dem 100%ig zu, genauso wie hunderttausende selbstkritischer rumaenen. andererseits hat jede mentalitaet auch ihr gutes (und schlechtes). anstatt mentalitaetswandel der rumaenen empfehle ich einen mentalitaets(aus)tausch zwischen rumaenen und westlern. daraus kann fuer beide seiten was gutes entstehen.
die Geschichte lehrt uns, dass in einem solchen Fall die rumänische Mentalität die westliche überflügeln wird!
Ich wollte niemanden zu nahe treten, wenn ich das doch getan habe, so tut mir das leid. Auch möchte ich unter keinen Umständen eine Diskussion über überlegene Mentalitäten lostreten. Ich frage mich nur schon sehr lange, warum ein Land, das mit allem gesegnet ist, Boden, Wald, Bodenschätzen (gut, dass R. Montana nichts wird) und gutem Schulsystem, sich von wenigen Leuten so plündern lässt. Und ich glaube da spielt eine Rolle, dass “das Schwert das gesenkte Haupt verfehlt”.
Wenn meine Photos gefallen (das ist das Elend, wenn man Klarnamen verwendet), könnt Ihr sie gerne für den Neuen Weg verwenden.
ja, ich bitte darum! sind sie fotograf?
Well roared, lion! Philipp, jede (treffliche) Analyse (mit leica- bzw. zuikogeschärftem Blick) ist hilfreich wenn es darum geht, einen Sachverhalt (besser) zu verstehen. Was im Falle dieser verfahrenen Situation aber Not tut (u. a. auch um Resignation und Depressionen zu mildern/verhindern), ist das Aufzeigen von Perspektiven mit möglichem “Happy End” für Rumänien und die Rumänen – die Geschichte lehrt uns ja, dass die die Fähigkeit haben, sich mit jeder Situation und jedem Regime bestens arrangieren zu können.