Warum wir so viel arbeiten

Ganz einfach: Weil ab dem 15.-16. Jahrhundert die Allmende (Gemeingut: Land, Wald, Gewässer, Wild/Fische usw.) den Gemeinschaften schrittweise von mächtigen Einzelpersonen/Personenverbänden gestohlen und später umzäunt wurde, die verarmten (ehemaligen) Bauern im Gefolge ihres Protestes teilweise umgebracht wurden und selbst die (neu entstandenen protestantischen) Kirchen dieses alles gutgeheißen hab sollen. Arbeit wurde seither konsequent von einer überlebensnotwendigen Betätigung zu einer quasi-religiösen moralischen Pflicht umdefiniert  und hochstilisiert.

Blickt man in die Gegenwart, v.a. im östlichen Europa und in sonstigen Schwellenländern, erkennt man bis ins Detail, wie dieselben Methoden der Enteignung breitester Bevölkerungsschichten von Gemeingütern durch einige wenige Politunternehmer angewandt werden – man denke in Rumänien nur an die quasi Gratis-Vergabe der Bodenschätze, den (versuchten) Diebstahl Zigtausend-Hektar großer Waldflächen und deren rasche Abholzung, die priviliegierte Verpachtung von Seen und Kanälen im Donaudelta bzw. von gemeindeeigenen Weideflächen an suspekte Schattengestalten aus dem Wirtschaftsleben mit parteipolitischer Anbindung.

Und weil diese Gesellen so enorm viel Unsinn anstellen mit den erworbenen Gütern unter Mißachtung der Rechte der Allgemeinheit, sind auch wir, Umwelt- und Bürgerrechtsaktivisten ständig am Rotieren, müssen wir doch ständig diesen Kerlen im (hoffnungslosen) Versuch hinterherrennen, die von ihnen produzierten Riesenschäden an Umwelt und Gesellschaft einigermaßen zu begrenzen oder gar zu beheben.

Das kann so nicht ewig weitergehen, sonst brennst du aus, kommst in die Klappsmühle oder wirst Mönch/Nonne. (Die Kleptokapitalisten beneide ich auch nicht für ihr Schicksal: Die kommen zwar im Urlaub in die Karibik oder in die Shoppingmalls von Dubai, zu guter Letzt landen aber nicht wenige von ihnen im Knast oder wegen ihrer ungesunden Lebens- und Ernährungsweise auf der Intensivstation von Privatkrankenhäusern.)

Lesen Sie hier eine kurze und komprimierte (Kriminal)Geschichte des (Raubtier)Kapitalismus v.a. in der westlichen Welt unter dem Titel: “Ich habe was, was du nicht hast.” Autor: Patrick Späth. Zugegeben, der Autor landet mit seiner Diagnose des Kapitalismus umgehend bei einem gewissen Herrn Marx. Dessen Diagnosen mögen vielleicht unter Umständen eventuell gar nicht falsch gewesen sein – allerdings brachte die Rückverstaatlichung des Landbesitzes und der Produktionsgüter im real existierenden Sozialismus erneut ähnlich kriminalfeudale Strukturen hervor (siehe die Zeit vor aber auch NACH 1989!), wie der Kapitalismus während seiner 500-jährigen Existenz.
Was nun? Wir drehen uns im Kreis.

territorium
Dorfsiedlung mit Allmende-Flächen. Foto: pascaliNAG.de

Wenn früh am Morgen die Werksirene dröhnt
und die Stechuhr beim Stechen lustvoll stöhnt,
in der Montagehalle die Neonsonne strahlt
und der Gabelstaplerführer mit der Stapelgabel prahlt,
ja, dann wird wieder in die Hände gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.

Die Krankenschwester kriegt ‘nen Riesenschreck,
schon wieder ist ein Kranker weg.
Sie amputierten ihm sein letztes Bein
und jetzt kniet er sich wieder mächtig rein,
ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.

Wenn sich Opa am Sonntag auf sein Fahrrad schwingt
und heimlich in die Fabrik eindringt,
dann hat Oma Angst, dass er zusammenbricht,
denn Opa macht heute wieder Sonderschicht,
ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.

A-a-an Weihnachten liegen alle rum und sagen puh-uh-uh-uh.
Der Abfalleiner geht schon nicht mehr zu.
Die Gabentische werden immer bunter
und am Mittwoch kommt die Müllabfuhr und holt den ganzen Plunder,
und sagt jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt,
ja, ja, ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.

Wenn früh am Morgen die Werkssirene dröhnt
und die Stechuhr beim Stechen lustvoll stöhnt,
dann hat einen nach dem andern die Arbeitswut gepackt
und jetzt singen sie zusammen im
Arbeitstakt-takt-takt-takt-takt-takt-takt:
Ja! Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt! Ja, ja, ja!
Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt! Ja, ja, ja!
Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.

Posted by at 23/11/2014
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5 Responses to Warum wir so viel arbeiten

  1. ossian says:

    “Weil ab dem 15.-16. Jahrhundert die Allmende (Gemeingut: Land, Wald, Gewässer, Wild/Fische usw.) den Gemeinschaften schrittweise von mächtigen Einzelpersonen/Personenverbänden gestohlen und später umzäunt wurde, die verarmten (ehemaligen) Bauern im Gefolge ihres Protestes teilweise umgebracht wurden und selbst die (neu entstandenen protestantischen) Kirchen dieses alles gutgeheißen hab sollen. Arbeit wurde seither konsequent von einer überlebensnotwendigen Betätigung zu einer quasi-religiösen moralischen Pflicht umdefiniert und hochstilisiert.”

    Heißt das, im Umkehrschluss, dass vor dem 15. Jahrhundert nicht oder nicht so viel gearbeitet wurde? Soll das, im Umkehrschluss bedeuten, dass es vor dem 15. Jh. keinen Privatbesitz gegeben habe? Können wir, wenn wir den Ansatz/Anfang des Textes weiterverfolgen, annehmen, dass ein Leben ohne (so viel) Arbeit, ein besseres sei?

    • hans says:

      empfehle zur beantwortung der frage nach der anzahl der arbeitstage den originalartikel zu lesen. dort stehen fantastische zahlen von arbeitsfreien tagen vor der reformation (ca. 150 pro jahr oder so).

      privarbesitz gab es natürlich auch früher! scheinbar gab es aber viel mehr “unbesessenes” land – was auch irgendwie logisch ist, denn die inbesitznahme ist immer ein prozess, der menschenresourcen, zeitresourcen, wille, organisation voraussetzt. möglicherweise war das bis um 1400+ nicht in der nötigen konzentration vorhanden, um eine systematische private = “ausschließende” aneignung von gemeineigentum auszulösen. (klingt etwa klugscheißerisch formuliert. will eigentlich sagen: je weiter man in die vergangenheit zurückgeht, umso weniger war die spezies mensch fähig und willig, gemeinbesitz in exklusiven privatbesitz umzuwandlen.)

      wenn man nach amerika blickt, entdeckt man dasselbe prozedere: gemeineigentum der “indianer wird privateigentum der landnehmenden einwanderer.

      ich persönlich finde der bodenbesitz sollte abgeschafft und mit einem vererbbaren nutzungsrecht am boden ersetzt werden, der jedoch der allgemeinheitgehört. das hätte komplexe auswirkungen auch auf die art des wachstums der stödte und Dörfer und auch auf das geldwesen. nur so wäre ein zinsfreies geldsystem denkbar! (theorie dazu unter den stichworten “silvio gesell” + “boenrechtsreform” suchen)

  2. ossian says:

    Bist du dir sicher, dass man unbedingt auf Gesell und dessen Theorien zurückgreifen muss, um Alternativen zum heutigen System zu entwickeln?

    Ich gestehe, Gesells Werke selbst nicht gelesen zu haben. Wenn ich aber über sie (und über ihn) folgende Zeilen lese, werde ich unschlüssig, ob man ihn lesen sollte:

    “Gesells aus dem Blickwinkel eines Kaufmanns irrige Annahme, Geld sei wertbeständig, es roste und verfaule nicht wie alle anderen Waren ist die Grundlage seiner Freigeldtheorie. Zweites Element in Silvio Gesells Theorie ist eine Bodenreform; mit ihr wollte Gesell das private Eigentum an Grund und Boden abschaffen und diese als Freiland an die Meistbietenden verpachten. Die Grundrente sollte als Pacht an Mütter verteilt werden, gestaffelt nach der Zahl der Kinder. Der Begriff »Freiland« stammt von Theodor Hertzka (1845-1924). Gesell verband die Bodenreform mit rassenhygienischen Vorstellungen, die zusammen mit der Frage des Antisemitismus im vierten Kapitel des Buches behandelt werden. Wie Proudhon lehnte Gesell Frauenemanzipation ab und behauptete, die natürliche Berufung einer Frau sei die Mutterschaft. Seine Mutterrente sollte Frauen sowohl von der Erwerbsarbeit als auch von der Versorgungsehe befreien. Sie sollten sich voll und ganz auf eine »Hochzucht« der Menschheit konzentrieren und nur erbbiologisch wertvolle Männer als Partner akzeptieren. In seinem utopischen Roman (1927) beschrieb Gesell eine Gesellschaft, in der Frauen nur bis zur Empfängnis mit einem Mann zusammenleben, sich dann in eine Frauenkommune zurückziehen, um das Kind zu gebären und zu betreuen, bevor sie sich auf die Suche nach dem nächsten Erzeuger machen. Gesell reduzierte Frauen auf den Status von Gebärmaschinen und wirtschaftlich erfolgreiche Männer auf den von Samenspendern. Mit seiner Attacke auf die Monogamie zählte er im Kaiserreich und der Weimarer Republik zu den radikalsten Rassenhygienikern.

    Die rassenhygienischen Vorstellungen Gesells werden derzeit nur von wenigen offensiv vertreten (Einige dieser Ausnahmen sind in Jakob Augsteins Freitagscommunity zu bewundern). Ebenso deutlich werden in Gesells Schriften rassistische Vorurteile gegenüber Sinti und Roma, Schwarzen oder amerikanischen Ureinwohnern, trotz der gelegentlichen pathetischen Erklärung, Freiland solle allen Menschen zugänglich sein. Wie Proudhons Lehre nahm der Ansatz Gesells die nationalsozialistische Vorstellung vom »schaffenden« und »raffenden« Kapital vorweg und bereitete ihr den Boden.”

    http://thinktankboy.wordpress.com/2012/10/15/schwundgeld-freiwirtschaft-und-rassenwahn/#comment-24738

    • hans says:

      wenn du ein ernsthaftes interesse an gesell hast, suche auf wiki und klicke dich weiter zur freigeldbewegung (inwo.de). suche auch nach “wunder von wörgl” und “keynes gesell” und du wirst sehen, der mann ist nicht bloss absolut kosher und frequentabel, sondern wurde von zeitgenossen mit viel grips und untateligem ruf als OK eingestuft. rassenschmonz haben vor 100 jahren briten, amis, germanen, franzosen und und und tonnenweise abgesondert. das war die damalige zeitgeist-kontamination. es ist aber irelevant, um gesells geldtheorie zu verstehen

      die lokalgeldinintiativen der gegenwart in DE (chiemgauer, berliner usw.) basieren auf notgeld-modellen im tirol der vorhitlerzeit, die wiederum auf gesells lehre basieren, der wiederum die schwundgeldmodelle des mittelalters und des altertums wiederentdeckte.

      wirf dich in die materie hinein und du entdeckst ein neues wissensuniversum, was den umgang mit geld betrifft. erleuchtungserlebnis garantiert!

      PS: das heutige geldsystem kann auch ohne rückgriff aus gesell berdeutend reformiert werden – z.b. durch auflösung der fraktalen geiralgeldschöpfung seitens der geschäftsbanken – sprich durch einführung der 100%igen deckung der bankenkredite durch einlagen. heute schöpfen die banken ein 10faches des giralgeldes, das durch papiergeldeinlagen gesichert ist. dadruch entstehen die babylonischen kredittürme, die periodisch kollabieren müssen.

      PS: wie heistt du mit richtigem namen? (nur so aus neugierde und im sinne einer diskussion auf augenhöhe. befinde mich strukturell im nachteil dir gegenüber und entsprechend immer wieder in die position gedrängt, mich für eigene aussagen auf zuruf rechtfertigen zu müssen, um nicht in ver-ruf zu geraten. das gefällt mir nicht unbedingt, so wie niemandem. diskussion im interesse der wahrheitssuche und eventuellen -findung JA; abgeben quasi-eidesstattlicher erklärungen, daß ich nichts böses im schilde führe, wenn ich dokumentiert über nichtmainstreammäßiges rede, NEIN).

      danke fürs verständnis!

  3. ossian says:

    Es ist noch nicht lange her, dass wir die Weingläser gehoben haben – nachdem wir zuvor lange geschwiegen.
    Du kennst mich und kennst mich doch nicht – meinen Namen lese ich
    aber ungerne im Netz – außer dem Notwendigen.
    Ich denke, das zu schreiben ist ehrlicher, als irgendeinen Fakenamen anzugeben…

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