Rocky! Aus dem Leben einer saechsischen Kultband (IV.)
von Reinhard Homm, Fuerth
R.H.: Und dann hattest du das Projekt „Rocky Duo“.
K.P.: Richtig… „Rocky Duo“ war eigentlich ein Zufallsprodukt. Damals wollte ich eigentlich auch etwas verändern in meinem Leben und bin auf die Tontechniker Schule in München gegangen. Der Beruf des Tontechnikers ist zwar kein sicherer Beruf, sondern eher ein freier, aber mich hat dieser technische Part eigentlich schon immer gereizt und ich wollte quasi über diese Schule auch in das Musikerprofi-Dasein rein finden.
Jedenfalls hat mich zu dem Zeitpunkt ein Arbeitskollege gefragt, ob ich da nicht jemanden wüsste, ein Duo oder so, das an seiner Hochzeit spielen würde. Ich hab ihm dann gesagt, dass wir gerade auseinander gegangen sind, aber der Zufall wollte es, dass beim Schuster Harald auch so eine ähnliche Anfrage einging. Und wir haben dann überlegt, dass wir das eigentlich machen könnten, weil es dann ja auch die ersten Begleitautomaten gab, zum Beispiel das „Roland Pro E“, das war so ein 3-Oktaven-Keyboard, und ich hatte ja durch meine Tontechniker-Schule das nötige Wissen. Außerdem hatte ich noch meine ganzen Keyboards, die ich mir im Laufe der Zeit aus technischem Interesse angeschafft hatte, und dann hab ich mir gedacht, ja, warum nicht, probieren wir es halt einmal und schauen wir, was rauskommt.
R.H.: Nur darf man nicht vergessen, in der Zeit ein Midi Fileherzustellen hat enorm viel Zeit gekostet, und dann ein Programm für einen ganzen Abend…
K.P.: Ja, das ist richtig…
R.H.: Ich schätze mal, das dauerte mehrere Monate?
K.P.: Einen ganzen Sommer.
R.H.: Einen ganzen Sommer… (lacht)
K.P.: Letztendlich war es ursprünglich nicht als etwas Dauerhaftes geplant… es waren zwei Jobs, die definiert waren, und es war nicht unbedingt die Motivation da, dass wir da jetzt ein festes Duo draus machen. Die Midi Fileshatte ich alle selber erstellt, eingespielt und einprogrammiert, das war eine Mordsarbeit, aber für mich auch sehr, sehr lehrreich. Leider war ich zu dumm, daraus einen Geschäftszweig zu entwickeln, denn es gab ja kaum fertige Midi Files, ich war sozusagen ein Pionier in dem Bereich, und das nicht weiterzuverfolgen war, jetzt im Nachhinein betrachtet, dumm von mir (lacht). Mein Geschäftssinn war nie sehr ausgeprägt, ich bin eher so der Künstler. Künstler und Geschäft ist immer so eine Geschichte… Naja, was soll’s, man kann nicht alles haben.
Diese beiden Auftritte, die wir hatten, sind dann jedenfalls so gut gelaufen, dass der Harald und ich uns überlegt haben, das Duo bestehen zu lassen, es könnte doch ein ganz lukratives Geschäft sein. Ich war sowieso sehr frustriert, dass das mit Rocky nicht geklappt hat, weil ich es mir wirklich gewünscht hatte, den Erfolg, den wir in Rumänien hatten, hier in Deutschland fortzusetzen und zu vergrößern. Ist im Nachhinein betrachtet aber auch nicht weiter schlimm, wir mussten ja auch erst in dieses neue System rein finden, das ja so anders ist als das rumänische…
Und wir hatten uns mit „Rocky Duo“ eben jene nötige Basis geschaffen, es lief dann sogar richtig gut, der Name „Rocky“ war wieder in aller Munde. Ich muss sagen, es war eine Zeit, die ich nicht missen möchte, nicht nur, weil der Schuster Harald und ich so viel Spaß zusammen hatten, es war auch eine sehr lehrreiche Zeit, denn wenn du zwei Jahre lang mit einer Maschine auf der Bühne im Halbplayback spielst, dann schult das auf alle Fälle dein Rhythmusgefühl. Ich habe mich damals auch das erste Mal so richtig mit Dingen wie Songaufbau und Satztechnik auseinandergesetzt, weshalb ich auch in musikalischer Hinsicht von dieser Zeit profitiert habe. Das einzige, was mich als überzeugten Live-Musiker immer ein bisschen gestört hat, war, dass wir immer im Halbplayback gespielt haben.
Also, es war nicht wie heute, wo man komplette Liedbegleitungen bekommt und nur dazu singt, die von mir erstellten Midi Files enthielten damals viele Stellen, die wir selber spielen mussten. Ich denke, wir haben das eigentlich sehr gut gemeistert, wir waren im Prinzip konkurrenzlos in der Zeit, es gab eigentlich niemanden, der da hätte mithalten können… Und ich glaube, dass wir es auch vom Niveau her locker mit einer ganzen Band hätten aufnehmen können, auch dank der Schule, die ich damals gerade machte, das Wissen ist mir mit Sicherheit sehr von Nutzen gewesen.
Aber trotzdem hatte ich den Traum der Live-Band noch nicht aufgegeben, ich hatte ja mit dem Harald die Vereinbarung getroffen, dass wir unser Duo mit der Zeit zu einer richtigen Band ausbauen.
Leider hatte der Harald aber im Laufe der Zeit Gefallen an dieser Duo-Geschichte gefunden, und als ich dann die „nächste“ Band, die „Rocky 4“, ins Leben gerufen habe, wollte er diesen Weg nicht mehr weiter mit mir beschreiten, was ich unglaublich schade und traurig finde. Er war mir eben ein sehr enger Freund geworden, nicht nur auf musikalischer Ebene.
In der Zeit bin ich dann auch mit meiner Frau zusammengekommen, da hat sich dann wieder viel verändert, weil ich vor der Frage stand, okay, Freund, was willst du? Familie ist mir immer sehr wichtig gewesen, ich konnte mir ein Leben ohne Familie nicht vorstellen, aber das Musikerleben war mir genauso wichtig. Ich war sozusagen in einem gewissen Dilemma, weil ein Profimusikerdasein eben viel Reisebereitschaft und Unterwegssein mit sich bringt, der Familienwunsch sich dem aber ein bisschen entgegenstellt. Aber beides zugleich habe ich nicht wirklich gewollt, wie sollte das auch gehen? Ich habe dann eine Frau und hoffentlich auch Kinder daheim, bin selber aber eigentlich nur auf irgendwelchen Touren und unterwegs… Somit bin ich dann wieder diesen Schritt zurückgegangen und habe den Traum vom „Profimusikerleben“ eigentlich endgültig begraben.
LINK: http://www.youtube.com/watch?v=mq4LJHRMig8
R.H.: Jedenfalls kam es zur Neubesetzung mit Nick Krakowski, George Ciolacu, Roland Depner, Tavi Weber. Warum ist diese „Rocky 4“ auseinandergegangen?
K.P.: Leider hat es mit dem George Ciolacuals Bandmitglied nicht richtig funktioniert, was jetzt nicht heißen soll, dass er ein schlechter Musiker ist oder dass wir privat nicht miteinander auskommen, aber als Bandkollegen waren wir einfach nicht wirklich kompatibel.
Jedenfalls hat das dann dazu geführt, dass wir uns vom George getrennt haben, einziges Problem: er hatte den Übungsraum.
R.H.: War das der Übungsraum, wo der Billardtisch drin war?
K.P.: Ja, richtig. Wir waren unten im Keller und oben stand der Tisch. Und dann kam auch der Florin Balanins Spiel, auch einer meiner besten Freunde, der spielte damals allerdings bei „Broadway“ und hat bei uns nur ausgeholfen. Nachdem wir uns dann ’97 vom George getrennt hatten, sind wir in die „Rockfabrik“ gezogen. Das war früher mal eine Tiefgarage, die aufgegeben wurde und wo Trennwände eingebaut und somit Übungsräume gebaut und vermietet wurden. Dort haben auch irgendwann „Cripple Creek“ und „Silverwood“ mal einen Übungsraum bezogen, und da bei Letzteren auch zwei Musiker aus Temeschburg dabei waren, kannten sie den Nick Krakowski noch aus ihrer Jugendzeit sehr gut, da er auch von dort kam. Und letztendlich haben sie ihn dann auch abgeworben, auch weil bei uns – bedingt durch unser Repertoire – nicht wirklich auf seine Kosten gekommen ist, was sein Können auf der Gitarre betrifft, und sozusagen ein bisschen frustriert war. Ich selber war dann natürlich auch frustriert, als ich meinen Rocky-Traum wieder aufgeben musste.
Jedenfalls habe ich mich dann notgedrungen damit abgefunden, aber wir hatten beschlossen, noch einen Abschiedsball zu veranstalten, das war Weihnachten ’97, und zwar in Großweißmannsdorf, wo wir auch unseren ersten Ball gespielt hatten. Ich hatte dann sämtliche Komparsen zu dieser „Rocky-Abschiedsfeier“ eingeladen, die irgendwann einmal bei Rocky gespielt hatten und die ich irgendwie erreicht habe. Später, auf dem Ball, durfte dann jeder, der Bock und Laune hatte, auf die Bühne… also, das war dann eigentlich mehr so ein „Jam-Session“-Ball, würde ich sagen. Jedem, der nicht dabei war, ist wirklich etwas entgangen, es war eins der Highlights überhaupt, die die deutsch-sächsische Musikerszene überhaupt jemals gehabt hat, also so viele hochkarätige Musiker waren damals da und… also, puha. War richtig… war geil.
R.H.: Neue Band, neue Musiker – „Broadway“. Wolltest du einfach mal was anderes machen? Außer den üblichen Bällen, Hochzeiten…
K.P.: Seit ich mich erinnern kann, ist mein Traum eigentlich immer gewesen, mit guten Musikern auf einer Bühne zu stehen, die vielleicht sogar besser sind als du selbst. Da kannst du nur selber wachsen, weil du jemanden hast, an dem du dich messen kannst und wo du nachziehen musst, denn wenn nichts da ist, was dich in irgendeiner Form motiviert, dann wirst du träge und übst halt nicht mehr so viel – oder zumindest ist das bei mir so.
Zu „Broadway“ bin ich über Florin gekommen, der ja zeitweise bei uns ausgeholfen hat. Bei denen brodelte es wohl auch auf menschlicher Ebene, und sie wollten sich von ihren Gitarristen trennen. Der Zeitpunkt war für mich nicht schlecht, da ich ja den Rocky-Traum nicht weiter verfolgen wollte, also wollte ich es einfach mal probieren und bin eingestiegen. Sie hatten einen neuen Gitarristen gesucht, und ich spielte ja auch Gitarre, allerdings fühle ich mich auf dem Bass einfach wohler, und ich habe auch nicht das Niveau eines Top-Gitarristen, der eigentlich, nach meinem Verständnis, neben einen so genialen Keyboarder wie den Flo gehört hätte.
Mit dem Bass komme ich eher an dieses Niveau heran, aber das war auch das einzige Unwohlsein, das ich bei dem ganzen Gedanken hatte. „Broadway“ bestand eigentlich nur aus sehr guten Musikern, bis auf den Schlagzeuger allerdings, der zwar sehr gut singen konnte, aber trotzdem nicht an das Niveau der restlichen Musiker rankam. Ich machte dann den Vorschlag, diese Position anders zu besetzen, denn dann wäre man überall sehr gut bedient, gesanglich hätte man zusätzlich zum Jimmy– der war halb Afroamerikaner und halb deutsch, mit einer genialen Stimme – ja noch den Schlagzeuger, der DinoVelascohat den Funk- und Disco-Bereich sehr gut abdecken können, ebenfalls eine sehr tolle Stimme, und ich war dann eher für den Rock-Bereich zuständig.
Jedenfalls hatten wir ein Casting gemacht und einen genialen Schlagzeuger ins Team geholt, einen Franzosen, den Sebastien Engrand. Er war damals gerade auf dem Sprung nach Deutschland umzusiedeln, er hatte sich nämlich in eine Deutsche aus Forchheim verliebt, und er lebt heute immer noch hier. Ich meine, mit dem Roland habe ich auch zusammen gespielt, auch ein unwahrscheinlich toller Mensch und Schlagzeuger, dieser Sebastien aber hatte etwas Besonderes, er hatte wesentlich mehr… Erfahrung. Ich kann es nicht – ich habe oft immer versucht, einen Vergleich zwischen Sebastien und Roland zu ziehen, weil von der Technik her waren die beiden auf Augenhöhe, definitiv. Ich glaube, der Roland hat einfach sehr jung angefangen, und als er bei Rocky eingestiegen ist, hatte er eigentlich nur Jugendband-Erfahrungen und die wiederum nur aus dem Rockbereich, und da war der Sebastien, glaube ich, einfach schon routinierter. Ich glaube, das war auch der einzige Unterschied.
Ich habe jedenfalls sehr viel von ihm und seiner Lebenserfahrung gelernt, er hatte ja auch musikalisch ganz andere Perspektiven mitgebracht. Er hatte wie ich eine musikalische Ausbildung genossen, konnte Klavier spielen, er hat Musik eigentlich ganz anders definiert als ich bis zu dem Zeitpunkt, und er hat meinen musikalischen Horizont doch sehr stark erweitert und bereichert. Ich bin sehr dankbar, mit diesem Menschen zusammen gespielt zu haben, obwohl es leider nicht allzu lange angedauert hat, denn es ist, wie so oft, letztendlich am Menschlichen gescheitert – beziehungsweise an den unterschiedlichen Ambitionen, die man innerhalb der Band verfolgt hatte.
Bei mir war es so, dass ich mich für das Familienleben entschieden habe und einem geregelten Arbeitsverhältnis nachgegangen bin, ich war mittlerweile auch junger Vater, der Crispin war auf die Welt gekommen, und da war ich eigentlich an dieses Geregelte gebunden. Ein Großteil meiner Kollegen hätte eigentlich den Wunsch gehabt, dass wir durch ganz Europa touren, dass wir so richtig groß rauskommen, aber bei mir hat eben diese Situation dagegen gesprochen, und beim Flo war es auch nicht anders, er hat ja selber eine Musikschule in Fürth betrieben, und das hat ihm auch nicht wirklich erlaubt, sich für mehrere Wochen einfach zu entfernen und irgendeine Tour zu machen. Und dann ist leider diese „Broadway“-Geschichte mehr oder weniger daran gescheitert.
LINK: http://www.youtube.com/watch?v=Hn0GA8WZ-oQ
R.H.: Neue Band – „Melody 4 you“.
K.P.: Ah, da war eine dazwischen. Also das mit „Broadway“ hat dann nicht wirklich lange gedauert, das waren fünf Jahre, fast sechs. Ich glaub, fünf waren es. Und da war ich wieder richtig frustriert, als auch „Broadway“ sozusagen den Bach runterging, denn ich war bis dahin immer ein sehr aktiver Mitmusiker gewesen, das heißt, ich habe mich sehr oft um eigentlich alles gekümmert, auch im Administrationsbereich, habe auch immer sehr viel Herzblut in diese Projekte hineingesteckt, und war dann natürlich umso enttäuschter, ich weiß noch, ich war damals so richtig am Boden zerstört.
Ich habe mir dann gesagt, jetzt will ich einmal in eine Band einsteigen, wo ich eigentlich nur der Kofferträger bin, das heißt, wo sich andere um alles kümmern und ich geh einfach nur hin, stöpsel mein Instrument an und singe. Ich habe dann auch eine Anzeige gefunden, wo die Leute einen Bassisten gesucht haben, ich habe mich also hingehockt und eine E-Mail geschrieben, in etwa: „okay, ihr könnt die Suche einstellen, ihr habt euren Bassisten gefunden, das bin ich“, habe kurz meine Referenzen weitergegeben, auf unsere Internetsite von Broadway verwiesen, die damals noch existierte, und prompt kam dann auch die Antwort. Also, ich denke, es war eine sehr freche E-Mail, die ich da geschrieben habe, oder zumindest eine sehr selbstbewusste.
Jedenfalls habe ich dann bei den „Weltenbummlern“ vorgespielt. Es war eigentlich wieder so eine Halbplayback-Geschichte, da ist sehr viel Midi File dazu gelaufen. Die Band bestand aus drei Personen, der Thomas Pop am Schlagzeuger, der Manfred Büttner an der Gitarre, ein sehr talentierter Musiker, und Keyboarder und Mastermind der Band war der Norbert Lichtenberg, bei dem wir geprobt haben und der sich eigentlich um absolut alles gekümmert hat. Ich habe dann gesungen und Bass gespielt. Es war eigentlich eine kleine Konstellation, eine Vier-Mann-Band, wir haben dann hauptsächlich auf Kärwa’s gespielt und ein paar Hochzeiten. Das Ganze hat sich eigentlich im Bereich Bad Windsheim und Umgebung abgespielt, Neustadt-Aisch, die ganzen Dörfer da, und war für mich eine sehr schöne Zeit, da erinnere ich mich sehr gerne zurück, es war sehr stressfrei, mit unwahrscheinlich angenehmen Leuten. Ich habe mir damals, als „Broadway“ auseinander gegangen ist, vorgenommen, nur noch in Bands zu spielen, wo es nicht mehr diesen Stress gibt, das war so ein kleines Ziel von mir. Und das habe ich eigentlich bei den „Weltenbummlern“ das erste Mal erfüllt, die Leute waren sowohl auf menschlicher als auch auf musikalischer Ebene einfach nur großartig, ich habe mich sehr, sehr wohl gefühlt da.
Das einzige Manko war nur leider wieder diese Geschichte mit Midi. Midi hat für mich doch so etwas Statisches. Okay, wir haben eine Mischung aus Live und Midi gespielt, was es ein bisschen auflockert, aber nichtsdestotrotz hast du keinen Freiraum zur Improvisation. Das ist eigentlich der große Nachteil, das ist es, was Livemusik mehr oder weniger ausmacht, und ich empfinde das immer so, als schrumpfe man als Musiker ein bisschen, wenn das nicht gegeben ist, als wäre man eingeengt und hätte keine Bewegungsfreiheit.
R.H.: Du hast eben ein Muster und dann musst du dich daran halten.
K.P.: Richtig. Naja, wie dem auch sei. Irgendwann kam dann das Angebot, bei „Melody 4 you“ auszuhelfen, da war dann mittlerweile der Roth Hansi auch wieder aktiv dabei. Ich habe da gerne ausgeholfen, aber als sie mich dann natürlich gefragt haben, ob ich nicht als festes Mitglied einsteigen möchte, war meine spontane Antwort eigentlich „nein“, weil ich mich bei den „Weltenbummler“ sehr wohl gefühlt habe und ich keinen Bedarf gesehen habe, wieder etwas in meinem Leben zu verändern, ich war ja zufrieden mit der Situation.
Als ich allerdings eine Nacht darüber geschlafen hatte, sah ich dann in diesem Angebot die Möglichkeit, wieder mit dem Florin zusammen zu spielen, mittlerweile ein sehr enger Freund von mir.
Ich muss auch dazu sagen, dass der Flo mich eigentlich während der ganzen Zeit, die ich mit ihm zusammen gespielt hab, sehr stark geprägt hat, er ist für mich einer der genialsten Keyboarder und Pianisten, die ich überhaupt kenne, hat ein unglaubliches musikalisches Wissen, ein schier unendliches Repertoire, er hat mich einfach jedes Mal beeindruckt, mit ihm zu spielen ist immer eine Offenbarung für mich, weil… ich weiß nicht, der hat so viel Talent mitbekommen, da muss der liebe Gott sehr viel zu geben gehabt haben damals…
Jedenfalls habe ich dann den Flo gefragt, ob er denn überhaupt Lust darauf hätte, und seine Antwort war: „Du weißt doch, mit dir spiele ich egal wo und egal mit wem – also kein Problem, sehr gerne sogar“. Dass er das so sieht hat mich natürlich sehr stolz gemacht.
Den Jungs von „Melody 4 you“ – das waren der Gerhard Roth, der Hansi Roth, und der Gust, der früher bei „Karpaten Echo“ gespielt hat – habe ich dann folgendes Angebot gemacht: der Flo steigt auch mit ein und wir spielen alles live, werden also wieder eine Live-Band. Die Jungs haben sich beraten und dann auch zugestimmt, und der Flo und ich sind dann zum Gerhard Roth gefahren, haben uns mit ihm unterhalten und festgehalten, wie sich die Band ausrichten soll und was die Ziele sind. Wir haben damals als Ziel von „Melody 4 you“ definiert, einfach Musik machen zu wollen, um die Musik zu genießen. Frei von dem Druck, etwas tun zu müssen, wir müssen nichts mehr beweisen, wir gehen auf die Bühne, machen unser Repertoire und genießen einfach unser Musikerleben.
Dieses Konzept habe ich ja auch selber schon bei den „Weltenbummlern“ gelebt, das war wirklich gelebtes Musizieren, bei denen habe ich gelernt, wie schön es sein kann, einmal nur zu genießen, und nicht immer nur diesen Fokus auf Termine und Jobs zu haben, dieses Rennen nach Selbstbestätigung und weiß der Geier was noch, ich weiß es selber nicht mehr so genau, hinter was man da eigentlich immer her rennt.
Das war also unser Ziel, und ich muss sagen, bis auf den Gust hat das eigentlich auch sehr, sehr gut funktioniert. Der Gust war eigentlich schon gut kompatibel, das Problem war nur, dass er in Ludwigsburg gewohnt hat und immer pendeln musste.
Das hat ihm unwahrscheinlich zu schaffen gemacht und auch immer wieder einmal zu Reibereien geführt, man konnte so auch nicht viel üben, was wir ja auch gar nicht mehr wirklich wollten, aber es gab immer Diskussionen. Und dieser Stress widersprach ja eigentlich auch unserer Zielsetzung, also haben wir uns entschlossen, da was zu ändern, so wollten wir nicht weitermachen, also haben wir uns vom Gust getrennt. Ich glaube, ihm hat auch unsere Musikrichtung nicht mehr so gut gefallen, die durch den Flo und mich dann doch einen recht rockigen Touch bekommen hat, da er ja Schlager und volkstümliche Musik geliebt hat, er war auch ein unglaublich guter Schlagersänger. Ich denke, er hat das musikalisch nicht so gefühlt wie wir, und wenn ein Mensch unglücklich ist, strahlt er das auch aus, und wahrscheinlich kamen die ganzen Reibereien von dort.
Jedenfalls fanden wir als Ersatz den Thomas Schneider, ebenfalls ein sehr lieber Freund von mir. Er war bei „One Missing“ festes Mitglied, eine sehr tolle Band, mit der wir auch privat sehr eng befreundet sind, leider mit nur wenigen Auftritten. Der Tom ist sozusagen der „ewige Gastmusiker“ gewesen, ich kenne niemanden, der es geschafft hat, sechs Jahre lang Gastmusiker bei einer Band zu sein, wie er es bei uns war.
LINK: http://www.youtube.com/watch?v=blYAV6SGdTg