“Nur ein Atemzug” / “Doar o rasuflare”. Kleinkopisch, Glauben und koerperliche Behinderung in einem Film
Ich und das Astra Film Fest, ein Augenzeugenbericht / Io si Astra Film Fest, relatarea unui martor ocular.
Man nehme: Die bis 2009 giftig rauchenden Schlote des Buntmetallwerks SOMETRA in Kleinkopisch/Copsa Mica, eine neoprotestantische Predigerfamilie mit drei Kindern im Nachbarort Wurmloch/Valea Viilor, eine (Ueber)Dosis Glauben und das Dokumentarfilmteam von Monica Lazurean-Gorgan. Und 7 (sieben) Jahre Beobachtungszeit. Heraus kommt eine sensible, traurige, manchmal aber auch ueberraschend und unfreiwillig komische Langzeitbeobachtung, die einen bis zum Ende in Atem haelt.
Grundsolide, kreativ und einfach schoen gefilmt spielt sich innerhalb von 60+ Minuten das handfeste Drama einer recht jungen Familie ab, deren kleinste Tochter von Geburt an teilweise gelaehmt ist – moeglicherweise wegen der Bleivergiftung ihres Vaters durch das mittlerweile geschlossene Werk SOMETRA – deren grosse Tochter zum Schluss schwanger wird und deren Sohn zum kettenrauchenden Rebellen mit Ohrringen mutiert, der sich gegen Vaters theologisch durchsetzten Tugendterror aufbaeumt, in den Wortgefechten mit letzterem aber (un)bewusst Gottes Willen argumentativ fuer sich zu nutzen versucht. Motto: “Mit Gottes Hilfe krieg ich den Fuehrerschein, selbst wenn ich nichts dafuer tue!”
Aus dem Film geht auch hervor, dass der Vater es moeglicherweise versaeumt hatte, mit der behinderten Tochter rechtzeitig einen Arzt auzusuchen, der sie haette operieren und ihre schwere Behinderung vielleicht haette beheben koennen. Stattdessen redete er sich und der Ehefrau systematisch ein, Jesus koennte auch mit seiner Tochter ein Wunder bewirken, wie in den Evangelien ‘versprochen’. Gegen Ende erst blitzte in mir der Gedanke auf, ob die Regisseurin denn nicht versucht hat, auf die Familie einzuwirken, um sie vor diesem schweren Veraeumnis abzuhalten. Ja, hat sie. Hat sie mir im persoenlichen Gespraech gesagt. Das typische Dilemma fuer den Dokumentaristen, das in diesem Falle keines war: sich einmischen in das Leben der Protagonisten oder nicht? Ja, die Regisseurin hat die Familie regelrecht dazu ‘gezwungen’ Aerzte aufzusuchen. Beruhigend zu wissen, dass jenseits des Regisseur-Daseins das Menschsein wichtiger ist.
Scheinbar war doch nichts zu machen. Schade. So schade fuer diese mittlerweile schoene, junge Frau im Rollstuhl.