Mordversuche an Dissidenten und Kurzschluesse im Weltgehirn. Eindruecke vom Astra Film Fest 2013 (II.)
(Fortsetzung)
5. AFACEREA TANASE (THE TANASE DOSSIER)
von Ionut Teianu (Rumaenien)
James Bond auf Rumaenisch: In den fruehen ’80ern befiehlt Diktator Ceausescu zwei der unbequemsten rumaenischen Dissidenten (Virgil Tanase, Paul Goma) in Frankreich toeten zu lassen. Der rumaenische Spion, der den Auftrag ausfuehren sollte, fuehlt sich jedoch zu Besserem berufen als Opppositionelle umzubringen und verpetzt Ceuasescu beim franzoesischen Auslandsgeheimdienst. Es folgt ein spannendes Katz-und-Maus-Spielchen bei dem auch die Sowejts im Hintergrund diskret aber effizient mitmischen. Am Ende ueberleben alle. (Wobei ganz, ganz zum Schluss – also 1989 – doch Ceausescu hopps geht.)
6. ANATOMIE DES WEGGEHENS (ANATOMIA PLECARII)
von Serban O. Tataru (Deutschland)
Fast jeder ausgewanderte Zeitgenosse kennt diese Konstellation: Das Leben in der Heimat ist duester und die Zukunft tiefschwarz. Die Eltern beschliessen auszuwandern – ohne die heranwachsenden Kinderlein ueberhaupt zu fragen. So auch die Eltern des Filmemachers Ende der 80er in Bukarest. Der Vater haut ab nach Muenchen und holt nach 2 Jahren die Familie nach. Dumm nur: Am Tag nach ihrer Ankunft am 21. 12. 1989 wird Ceausescu gestuerzt und die wiedervereinigte Familie fragt sich ploetzlich, warum sie ueberhaupt ausgewandert ist.
Serban befragt seine Eltern im Film frontal, insistent – aber mit einer guten Dosis Gelassenheit – zu ihren Entscheidungen anno damals. Die Antworten sind klug, lustig, manchmal dramatisch. Die Sprache changiert zwischen Rumaenisch (mit Mamma) und bestem siebenbuerger Kucheldeutsch (mit Papa).
7. FACEBOOK-VERRUECKTHEITEN (FACEBOOK-FOLLIES)
von Geoff D’Eon (Canada)
Nichts Spektakulaeres, sondern nur eine lockere Abfolge von unterhaltsamen, spannenden, manchmal komischen oder dramatischen Geschichten darueber, wie FB einen den Job, die Ehe oder sonstwas kosten – oder eben selbiges bescheren kann.
Eventuell sehenswert, wenn man spaet abends noch leichte filmische Kost zu sich nehmen will – ansonsten eher belanglos.
8. GOOGLE UND DAS WELTGEHIRN
Ben Lewis (Spanien)
Vor 10 Jahren machte sich Google munter dran, “alle” Buecher der Welt – zumindest die aus den grossen Bibliothelen der Eliteuniversitaeten in der Alten und Neuen Welt einzucannen. Warum? Warum denn nicht! Geschaeftssinn gepaart mit amerikanischem Fortschrittspathos und einer (Ueber)dosis Groessenwahn kann Wunder vollbringen! Das Google-Wunder ging aber nach ein paar Jaehrchen unbeschwerter massiver Urheberrechtsverletzungen nach hinten los und der Suchmaschinenkonzern wurde von einem Richter in New York umgehend in seiner Turbo-Scannerei gestoppt. Das Prinzip Mephisto kam anschliessend doch noch dadurch zur Geltung, dass als Reaktion auf Googles Projekt sich diverse Universitaeten zusammenschlossen um urheberrechtsfreie Buecher ohne kommerzielle Absichten zu digitalisieren und oeffentlich zugaenglich zu machen.
Sehenswert weil lehrreich. Filmisch gesehen eher solider Durchschnitt.