Klaus Johannis und die “Freiheit” der Presse, sich ihm unterzuordnen

von Pfarrer Johannes Klein
Vereinsvorsitzender NW

Seit vergangener Woche kämpft Präsident Klaus Johannis vordergründig für die freie Meinungsäußerung des Media-Kolosses des inhaftierten Ex-Securitate-Agenten Dan Voiculescu. Er nimmt dabei zumindest die Verzögerung der Durchsetzung eines Gerichtsbeschlusses billigend in Kauf, der die Versteigerung eines der TV-Studios angeordnet hatte. Dadurch hat KJ in wenigen Tagen ca. 70.000 Facebook-Anhänger verloren – denn seine Fans fanden es offensichtlich nicht gerechtfertigt, dass er auf diese Art und Weise Stellung bezieht – umso weniger zu Gunsten eines Senders, der sich auf Hetze gegen unliebsame Gegner Voiculescus spezialisiert hatte (so auch gegen KJ selbst während des Präsidentschaftswahlkampfs!).

Wer Klaus Johannis und seine früheren Amtshandlungen als einstigen DFDR-Vorsitzender etwas näher kennt, der weiß, dass ihm niemals wirklich an freier Meinungsäußerung gelegen ist. Für meine Person kann ich das aus eigener Erfahrung belegen. Ich erinnere mich noch allzu gut, als ich im Jahr 2006 als Vertreter der Jugendorganisationen des DFDR in einigen Sitzungen des Landesforums saß. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendorganisationen in Rumänien (ADJ) hatte damals keinen Vorsitzenden, weil die Jugendorganisationen sich geweigert hatten, den von KJ gewünschten und von Ovidiu Gant (seit mehrern Jahren Vertreter des DFDR im rumänischen Parlament) geforderten Kandidaten zu wählen. Bei einer Abstimmung nämlich, zu der unerwartet auch KJ gekommen war – bis dann hatte er sich nie für Wahlhandlungen der Jugendorganisationen auch nur im Entferntesten interessiert – war der Favorit des Landesvorsitzenden als einziger Kandidat angetreten – und wurde nicht gewählt.

Und so gab es also keinen Vorsitzenden der ADJ. Deshalb ging ich als stellvertretender Vorsitzender wie selbstverständlich in die Sitzungen des von KJ geleiteten Landesforums des DFDR und nahm zweimal daran teil. Auf der Tagesordnung der zweiten Sitzung war einer der wichtigen Punkte die Auflösung des Trägervereins der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien (ADZ). Der Verein war 1993 als politisch unabhängige Organisation gegründet worden und löste mit der ADZ den früheren, bis 1989 kommunistisch zwangspolitisierten “Neuen Weg” ab, der im Gewande dieses Blogs in ironisch gewendeter Form seit 2012 fortbesteht.

Soweit, so gut. Vordergründig handelte es sich bei der geforderten Zwangsauflösung des Trägervereins um ein rein finanzielles Problem. Die Zeitung könne mit den Summen, die vom Minderheitenrat über das Forum fließen, nicht mehr weiter bestehen und bat das Forum um höhere Mittelzuteilung. KJ war fest entschlossen, diese Summen beschließen zu lassen – unter einer Bedingung, dass der ADZ-Verein aufgelöst und die Tageszeitung künftig vom DFDR herausgegeben wird, dessen Chef er war.

Ich hatte es damals gewagt, die Frage zu stellen, ob es nicht im Sinne der freien deutschsprachigen Presse in Rumänien sei, dass die ADZ weiterhin unabhängig bliebe und bloß über das Forum subventioniert werde. Das Forum könne die Mittel des Minderheitenrats, die es verwaltet, ja auch dann erhöhen, wenn die ADZ weiter vom ADZ-Verein herausgegeben wird. Ich erhielt Schützenhilfe vom Ehrenvorsitzenden des DFDR, Herrn Prof. Paul Philippi, der das von mir Gesagte unterstrich – sonst gab es keine weiteren Wortmeldungen dazu. Ein Beschluß wurde in jener Sitzung nicht gefasst.

Vor der nächsten Sitzung des Landesforums erhielt ich überraschenderweise die Mitteilung, dass laut Satzung der Vorsitzende der ADJ zu den Landesforumssitzungen geladen werde, und gebe es diesen nicht, dann könne er auch nicht durch seinen Stellvertreter ersetzt werden. Die ADJ habe also unvertreten zu bleiben, bis sie einen Vorsitzenden gewählt habe. Es lag auf der Hand, dass zweierlei suggeriert wurde, ohne es auszusprechen: 1. Ihr habt unseren Favoriten zu wählen; 2. Jugendvertreter mit abweichenden Meinungen, die sich gar zu Wort melden, haben in den Sitzungen des DFDR nichts zu suchen. Als Folge der Mitteilung ging ich nicht mehr zu den Sitzungen und es ging jahrelang keiner von der ADJ zu den Sitzungen, denn unter dem Druck der DFDR-Führung wollte man in der ADJ keine Wahlen veranstalten. Letzteres lag nicht an mir, da auch noch Jahre, nachdem ich nicht mehr in der ADJ mitwirkte, kein Vorsitzender gewählt wurde.

Ein einziges Mal durfte ich noch dabei sein, das war auf Bestehen des Vertreters des deutschen Bundesministeriums des Inneren (BMI – gewährt Gelder für die deutsche Minderheit), der, bevor er anreiste, sicherstellen wollte, dass ein Vertreter der Jugend/ADJ dabei sein wird. Klar, wenn Weisungen aus dem Westen kommen, dann beugt man sich – sprich, man buckelt nach oben und tritt nach unten. Von freier Meinungsäußerung keine Rede.

Der ADZ-Verein wurde schließlich wunschgemäß aufgelöst und die ADZ kam unter die Fittiche des DFDR, also auch von Klaus Johannis. Das Erscheinen der ADZ konnte auf diese Weise weiterhin garantiert werden. Die Meinung der Zeitung über KJ sollte ja eine sehr gute sein. Die Mittelerhöhung machte sich auch in der äußeren Form bemerkbar: es gab erstmals in der Geschichte der ADZ farbige Bilder, vor allem auf der ersten Seite. Auch diese sollten für ein schöneres Bild vom Forum und seinem Vorsitzenden sorgen. Über die Arbeit von KJ wurde stets positiv berichtet. Er hatte sich ja auch verdient gemacht, indem er die Tageszeitung aus größter Not rettete.

Wir rekapitulieren: Politische Unterordnung, Machtwort, Retter in höchster Not – so funktioniert Presse aus Sicht von KJ. Deshalb ist es heute kaum glaubwürdig, dass das derzeitige Eintreten für freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit im Fall Voiculescu/Antena 3 mehr als nur ein Vorwand oder Deckmantel für irgendwas anderes ist, was auch immer das sei. Immer mehr Menschen, die vor seiner Wahl große Hoffnungen auf ihn gesetzt haben, wenden sich jetzt enttäuscht von ihm ab, weil sie merken, dass es mit dem Einhalten von Recht und Gesetz nicht so weit her ist.

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Fotomontage: Wahlplakat von Klaus Johannis und Logo des Senders Antena 3: Fotoquelle: www.b1.ro

 

ADZAllgemeineDeutscheZeitung

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Posted by at 22/02/2016
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4 Responses to Klaus Johannis und die “Freiheit” der Presse, sich ihm unterzuordnen

  1. Angyalosi Robert says:

    hoffen wir mal auch auf bessere Zeiten. gut zu wissen was zwischenzeitlich noch geschehen ist.

  2. Anonymous says:

    Interessanter Beitrag!

    So einige Zeit nach der Jahrtausendwende pflegte ich lockeren Kontakt mit einer damals noch recht jungen Dame, die an der Lucian Blaga Universität in Hermannstadt studierte. Sie nannte sich damals scherzhaft oftmals das “junge Vorzeigetierchen des DF Hermannstadt”, natürlich mit der Bitte diese Formulierung nicht öffentlich zu verwenden.

    Es gingen an die 1 1/2 Jahrzehnte ins Land und aus der jungen Dame wurde eine mittelalterliche erwachsene Frau, die ihren beruflichen Weg gefunden haben dürfte.

    Es scheint, dass auch der Artikelverfasser zumindest teilweise die Funktion eines “jungen Vorzeigetierchens des DFDR” zu erfüllen hatte, wenn man seinen Bericht aufmerksam liest.

    Bei aufmerksamem Lesen drängt sich auch die Frage auf wie denn nun ein Herr Ovidiu (echt treudeutsch …) Gant (auch voll deutsch …) zum Parlamentsrepräsentanten der Deutschen Rumäniens kreiert wurde! Vielleicht kann der Artikelverfasser dazu Informatives bieten. Ebenso wäre es auch interessant für die Leser des neuen Neuen Wegs die beruflichen und vielleicht auch sonstigen Tätigkeiten von Ovidiu Gantens Vater sowohl zur Zeit des alten rumänischen Regimes als auch in der Zeit danach dargestellt zu bekommen.

    Es zwingt sich bei vielen aufmerksamen Beobachtern der dringende Verdacht auf, dass das gesamt DFDR eine geschickte Gründung der alten Secuseilschaften sein könnte und von diesen ob ovo und auch heute noch unverändert für deren Zwecke instrumentalisiert werden könnte …

    Sollte das so sein, dann passt ja eh alles zusammen …

    Womit ich keineswegs allen Mitgliedern dieses Forum unterstelle davon gewusst zu haben oder auch nur nachlässig nichts davon wissen haben wollte/will. SO einfach wird das nicht sein …

    In Verbindung mit der Übernahme der Besierica Evanghelica durch Wirtschaftevangelische und diverse “Kooperierende” könnte da doch ein gewisses Potential …

    Der Zusammenbruch des Turmes in Rothbach und der schwere Schaden am Turm in Radeln kann da in gewissem Sinne als “Signal” wie es um die siebenbürgersächsiche Sache in Rumänien speziell und wohl auch allgemein “im Rest der Welt” bestellt ist verstanden werden. Es schaut so aus, dass alles zusammenzubrechen beginnt …

    Die Personaldecke der noch qualifiziert auf Deutsch in Rumänien zu unterrichten vermögenden Lehrpersonen wird auch immer dünner und wird rasch große Löcher aufweisen, aus wird’s bald sein mit der deutschen Lehr …

    Wo sind die Jungtürken, die alles in Frage stellen und putschen? Ohne diese wird es rasch gar nichts mehr geben. Ob so ein Putsch noch etwas zu bringen vermag mögen Leute mit “inwändigem Wissen” beurteilen. Mir gingen zu allen Zeiten die jungen couragiert aufmüpfigen Siebenbüregersachsen ab. Gibt (gab) es die überhaupt (jemals)?

  3. Kopfschuettler says:

    Wer sich in der Fußball-Match-Atmosphäre, die in der rumänischen Politik seit langem künstlich inszeniert wird, jetzt darüber entrüstet ist, dass Johannis (den man wirklich nicht sympathisch finden muss, um ihn in diesem Zusammenhang zu verstehen) sich weigert, blind auf den vom halben Volk geliebten TV-Sender einzuprügeln (so wie die andere Hälfte es sich wünscht), der begibt sich auf das Niveau von Gâdea & Co. Aus welchen Montiven auch immer KJ so gesprochen hat: Es kann nicht Aufgabe des Staatsoberhauptes sein, parteiergreifend gegen ein Medium zu kommentieren, auch wenn dieses noch so ekelerregend sein mag.

    Im Grund sind jene, die sich speicheltriefend darüber gefreut haben, dass “die Antena jetzt dicht machen muss” um keinen Deut ungefährlicher für die Demokratie als jene, die auf der schwindenden (?) Machbasis von Securitatemachenschaften einen Kampagnensender errichtet haben, der viel zu viel Einfluss auf die sogenannte “Volksseele” ausüber, als es gesund ist.

    Im Übrigen sind die obigen Ausführungen tatsächich interessant und geben in mache Dinge einen guten Einblick. Überraschend sind sie aber wohl bloss für jene, die in kindlicher Weise erwartet haben, mit dem Hermannstädter Physiklehrer käme ein Messias der Demokratie und der Offenen Gesellschaft ans Ruder. Einen solchen gibt es nicht, es sei denn die Mehrheit der Wahlberechtigten beginnt ernsthaft, sich völlig anders zu verhalten. Dann könnten eventuell aus der Summe aller offenen, demokratischen und freiheitsliebenden Wähler solche Erlösungsvorgänge entstehen.

    Bis dahin wird man sich wohl mit einem zum Staatspräsidenten gewordenen Lokalpolitiker, der gemessen am Niveau der politischen Akteure hierzulande hinsichtlich Anstand und Intelligenz weit über dem Durchschnitt liegt, begnügen müssen.

  4. Ralf Weber says:

    Wer war der damals vom DFDR als ADJ-Vorsitzenden gewünschte Kandidat?

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