Die deutschen Siedlungen südlich der Karpaten (im Mittelalter)

 

 

Kurzrezension der gleichnamigen rumänischen Dissertation von Alexandru Ciocaltan (Comunitatile germane la sud de Carpati in evul mediu), erschienen im Istros-Verlag, Braila, 2015

Bin neulich in der gut sortierten Erasmus-Buchhandlung in Hermannstadt/Sibiu auf oben genannten fetten Wäzer gestoßen und habe ihn mir für 89 Lei gegönnt, weil das Thema selbst für unsereins in Siebenbürgen exotisch, unbekannt und dementsprechend vielversprechend ist. Und ja, das Buch hält inhaltlich und methodisch, was es vom Titel her verspricht, was im teilweise noch ideologisch verminten Gelände der Geschichtsschreibung in Rumänien nicht selbstverständlich ist. Nein, es ist noch nicht selbstverständlich, daß ein Doktorand seine Diss tatsächlich aus Interesse am Thema, mit unvoreingenommener Neugierde, investigativem Geist und nicht nur ergebnisoffen sondern auch ausdrücklich gegen den nationalistischen Trend früherer Jahre schreibt.

Worum geht es? Im Wesentlichen darum, daß im Zuge der deutschen Ostsiedlung im Hochmittelalter, die Siedler aus dem Westen nicht nur nach Südsiebenbürgen im damaligen Ungarn kamen, sondern ziemlich bald auch Ortschaften südlich (und östlich) der “Schneegebirge” (Transilvanische Alpen / Karpaten) gründeten. Diese Niederlassungen von Händlern und Handwerkern sollten die ersten Stadtgründungen in der im ehemaligen Kumanien enstandenen Walachei werden: Ramnic/Ribnik, Arges/Argis, Targoviste/Terwisch, Campulung/Langenau – allesamt im schönen, hügeligen Vorland der Südkarpaten gelegen. Vor allem in Langenau, das vergleichsweise nahe an Kronstadt lag, hatte die deutschsprachige Bevölkerung bis ins XVII. Jahrhundert Bestand; zusammen mit der städtischen Selbstverwaltung und eigenständigen katholischen, später evangelischen Kirchenorganisation.

Kriege und Seuchen während der osmanischen Herrschaft, die Steuerlasten sowie das mehrheitlich rumänischsprachige Umland trugen zum langsamen aber stetigen Niedergang dieser Gemeinschaft(en) bei, an die im XXI Jahrhundert in Langenau immerhin noch einige recht gut erhaltene, spätgotische Kirchenbauten sowie die europäisch angehauchte Stadttopographie mit ihrer dichten Bebauung erinnert.
Das wäre es auch schon… Das Besondere an diesem scheinbar banalen Enstehen, Aufblühen und Vergehen einer Sprach- und Kulturgemeinschaft ist die Tatsache, daß es diese überhaupt gegeben hat – und daß das kunterbunte Miteinander, manchmal auch Gegeneinander der deutschen, rumänischen, ungarischen, katholisch, protestantisch, orthodoxen Bevölkerung dieser Städte und ihrer Umgebung jenem im “klassisch” multiethnischen Siebenbürgen sehr ähnlich gewesen sein mag und dadurch auch auf unerwartete Art sehr “europäisch”.

Am Ende des mit reichhaltigem Quellenmaterial in (antiquiertem) Deutsch, Rumänisch und Italienisch sowie Lateinisch versehenen Buches findet sich auch eine deutschsprachige Zusammenfassung, die ihr weiter unten als pdf herunterladen könnt. Das Buch empfehle ich jedem zur Lektüre, der eine imaginäre Reise in bisher kaum bekannte, unvorstellbar andersartige Zeiten und Räume an der Kontaktzone zwischen Ost und West unternehmen möchte…

Alexandru Ciocaltan: Comunitățile germane la sud de Carpați în evul mediu(sec. XIII-XVIII), Braila, 2015, ISBN: 978-606-654-121-3.  (Preis: 89 LEI, Erasmus-Buchhandlung, Hermannstadt/ Sibiu)
Deutsche Zusammenfassung am Ende des Buches: Deutsche Gemeinschaften suedlich der Karpaten (pdf)

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Sankt-Jakobs-Kirche, Langenau/Campulung, Kreis Dambovita, Südrumänien

Posted by at 12/11/2018
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